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Artikel: Nilo und die stampfende Wut

Nilo und die stampfende Wut
Sir Snuffel

Nilo und die stampfende Wut

Es war einer dieser Tage, an denen alles irgendwie zu viel war.
Nilo hatte den ganzen Vormittag an seiner Weltraumstation gebaut – jedes Teil hatte seinen Platz, jedes Detail war wichtig.
Doch als er nach dem Mittag zurückkam, sah er es sofort:
Die Station war umgebaut, Figuren standen anders, und einige Teile fehlten.

„Wer hat das gemacht?!“
Die Stimme kam laut, bevor Nilo sie halten konnte.
Ein heißes Gefühl raste durch seinen Bauch bis in die Hände.
Alles in ihm wollte schreien, stampfen, etwas zurückholen.

Er ballte die Fäuste. Seine Brust fühlte sich eng an.
„Das war meins!“

Da vibrierte der Boden leicht. Ein sanftes, tiefes tooommm füllte den Raum.
Ein warmer Wind wehte, und neben Nilo erschien Sir Snuffel – der süsse, graue Elefant mit seinen grossen Ohren und seinem langen Rüssel.
Er wirkte, als würde er gleichzeitig stehen und atmen mit der Erde.

„Oh, Nilo“, brummte er leise, „ich kann dein Donnern hören.“
Er neigte den Kopf. „Willst du mit mir kommen?“

Bevor Nilo antworten konnte, glitt alles um ihn herum in goldenes Licht – und sie standen in Snoozetopia, mitten auf einer weiten Ebene aus warmem, rotem Sand.

Über ihnen rollten Wolken. Ein Sturm zog auf, und der Boden bebte leise.
„Das ist die Ebene der Stampfer“, sagte Sir Snuffel. „Hier leben alle Gefühle, die laut sind.“

Nilo sah den Himmel. Blitze zuckten, der Wind peitschte, und in seinem Bauch fühlte es sich genauso an – wild und unruhig.
„Ich will nicht wütend sein“, murmelte er. „Aber es hört nicht auf.“

Sir Snuffel stampfte sanft mit einem Fuß auf den Boden. Boom.
„Wut ist wie Donner, Nilo. Laut, aber nicht böse. Sie ruft: Etwas war nicht richtig.
Wenn du sie zu früh wegschickst, wird sie nur stärker.“

Er hob den Rüssel, atmete tief ein und pustete langsam aus.
Der Wind legte sich ein Stück.
„Schau, die Wut will gesehen werden. Wenn du sie fühlst, stampf nicht gegen sie – stampf mit ihr.“

Nilo sah ihn an. „Mit ihr?“

Sir Snuffel nickte. „So: steh fest auf dem Boden. Spür deine Füße. Lass das Stampfen durch dich hindurchgehen – nicht auf andere, sondern in die Erde.
Dann hör hin, was die Wut sagen will.“

Nilo schloss die Augen. Er fühlte seine Füße. Den Boden.
Er stampfte einmal. Nicht wild – sondern fest.
Das Geräusch rollte über die Ebene, und der Sturm wurde stiller.

Da, in der Ruhe danach, hörte er in sich hinein:
Ich bin wütend, weil mir wichtig ist, was mir gehört.

Er öffnete die Augen. Der Himmel über Snoozetopia war klar, die Wolken glühten orange.
Sir Snuffel lächelte. „Da ist sie – deine Wahrheit. Jetzt kannst du sprechen, ohne zu brüllen.“

Langsam verblaschte die Savanne, und Nilo war wieder in seinem Zimmer.
Die Weltraumstation lag da, ein bisschen durcheinander, aber nicht zerstört.

Nilo atmete tief, spürte seine Füße.
Dann ging er zu seinem Bruder, der auf dem Teppich saß.
„Ich war richtig wütend, weil du meine Station umgebaut hast“, sagte er ruhig. „Ich will, dass du mich fragst, bevor du was anfasst.“

Sein Bruder nickte kleinlaut. „Tut mir leid, Nilo.“

Nilo fühlte noch ein leichtes Glühen in seiner Brust – aber kein Feuer mehr.
Nur Stärke. Und Frieden.