Artikel: Nilo und der zornige Sturm

Nilo und der zornige Sturm
Heute in der Schule runzelte Nilo die Stirn. Auf dem Pausenhof schrie ein anderes Kind – Malik. Er stampfte, schubste einen Ball weg und rief laut:
„Lasst mich in Ruhe!“
Nilo zog sich zurück. Warum ist Malik so gemein? dachte er. Ich hab doch gar nichts gemacht.
Ein Knoten legte sich in Nilos Bauch. Er spürte, wie seine Stirn heiß wurde – nicht vor Wut, sondern vor Ratlosigkeit.
Da vibrierte es plötzlich in seiner Tasche. Ein sanftes Schnauben, warm und tief.
„Hörst du den Sturm, kleiner Freund?“ brummte eine vertraute, samtige Stimme.
Sir Snuffel, der kleine Elefant aus flauschigem Stoff, lugte heraus. Seine Ohren wippten wie weiche Segel.
„Manchmal, Nilo“, sagte Sir Snuffel, „braucht es ein ruhiges Ohr, um den Wind hinter dem Donner zu hören.“
Noch ehe Nilo fragen konnte, wie er das meinte, begann die Welt um ihn zu glitzern. Der Pausenhof verblasste, und plötzlich stand er mitten in Snoozetopia – in einem Tal aus schimmerndem Sand.
Ein warmer Wind wehte. In der Ferne tobte ein kleiner Sturm. Er sah aus wie ein Wirbel aus rotem Staub und funkelnden Funken.
„Das ist Maliks Wutwind“, erklärte Sir Snuffel leise. „Er hat keinen Platz gefunden – also tobt er draußen.“
Nilo sah genauer hin. In der Mitte des Sturms war ein kleines Licht, das zitterte – ein Herz aus Gold.
„Was soll ich tun?“ fragte Nilo.
Sir Snuffel legte seinen Rüssel sanft auf Nilos Schulter. „Schau hin, ohne Angst. Und frag dich: Was könnte den Wind so traurig gemacht haben?“
Nilo atmete tief ein. Er stellte sich Malik vor – vielleicht hatte jemand ihm wehgetan. Vielleicht fühlte er sich nicht gesehen. Vielleicht war er einfach müde.
Je länger Nilo hinsah, desto kleiner wurde der Sturm. Der Sand sank langsam zu Boden, und das goldene Licht blieb – ruhig, warm, still.
„Manchmal“, murmelte Sir Snuffel, „ist Wut nur ein lautes ‚Aua‘, das keiner versteht.“
Nilo nickte. Er legte seine Hand aufs Herz – und spürte, wie sein eigenes ruhig schlug, im gleichen Rhythmus wie das goldene Licht.
Als er blinzelte, war er wieder auf dem Pausenhof. Malik saß auf der Bank, die Stirn auf die Knie gestützt.
Nilo setzte sich daneben. Er sagte nichts – einfach nur da sein, so wie Sir Snuffel es getan hatte.
Nach einer Weile flüsterte Malik: „Ich bin nicht gemein. Ich war einfach so wütend.“
„Ich weiß“, sagte Nilo leise. „Manchmal fühlt sich Wut an wie ein Sturm.“
Und für einen Moment saßen sie da – zwei Kinder, still, aber verbunden – während in Nilos Tasche Sir Snuffel zufrieden schnaufte.








